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Religions-, Weltanschauungs- und Gewissensfreiheit (Art. 4 GG)

I. Schutzbereich

1. Persönlicher Schutzbereich
  • Jedermann (Alle natürlichen Personen)

    • (P) Kinder? Ab dem 14. Lebensjahr eigenständig (siehe § 5 KErzG), bis dahin durch die Eltern ausgeübt

  • Auch Personengemeinschaften unter den Voraussetzungen des Art. 19 III GG (sofern Grundrecht seinem Wesen nach auf sie anwendbar)


2. Sachlicher Schutzbereich

Art. 4 GG enthält mehrere Grundrechte, die entsprechend voneinander getrennt werden müssen:


a) Religions- und Weltanschauungsfreiheit (Art. 4 I, II GG)

aa) Begriff der Religion
  • Problem: Abschließende Definition schwierig, da stark vom Selbstverständnis der jeweiligen Religion abhängig

  • Allgemein: Religion als Sinndeutung der Welt im Ganzen mit Bezug auf eine transzendente Macht


bb) Gewährleistungsumfang
  • Innere Freiheit zu glauben oder nicht zu glauben (forum internum)

  • Äußere Freiheit, seinen Glauben zu bekennen und zu verbreiten (forum externum)

  • Freiheit, keinen Glauben zu haben oder diesen nicht äußern zu müssen (negative Religionsfreiheit)


cc) Grenze: Plausibilitätsprüfung

  • Allein die Behauptung und das Selbstverständnis, man bekenne sich zu einer Religion, reicht nicht aus

  • Grund: Mögliche Ausuferung des Grundrechtsschutzes

  • Es muss sich tatsächlich nach dem geistigen Gehalt und äußerem Erscheinungsbild um eine Religion oder Religionsgemeinschaft handeln

  • Beispiel: Kirche des fliegenden Spaghettimonsters ist keine Religionsgemeinschaft (OLG Brandenburg Urt. v. 2.8.2017 – 4 U 84/16)


b) Gewissensfreiheit (Art. 4 I Alt. 2 GG)
  • Recht, ein Gewissen zu haben und Freiheit, vom Staat nicht dazu verpflichtet zu werden, gegen sein Gewissen handeln zu müssen

  • Gewissen = jede ernstliche, sittliche, an den Kategorien von "gut" und "böse" orientierte Entscheidung, die der einzelne in einer bestimmten Situation als unbedingt verpflichtend empfindet



c) Kriegsdienstverweigerung (Art. 4 III GG)
  • lex specialis zu Art. 4 I GG

  • Recht, auf Grundlage des Gewissens den Kriegsdienst an der Waffe zu verweigern


II. Eingriff

  • Klassischer Eingriffsbegriff:

  • Moderner Eingriffsbegriff:


(P) Staatliche Warnungen vor einer Religion

  • Grundsätzlich: Neutralitätsgebot staatlichen Handelns

  • Staatsorgane dürfen sich auch kritisch mit Zielen und Aktivitäten von Trägern des Grundrechts der Glaubensfreiheit auseinandersetzen

  • Warnung erlaubt, wenn eine Gefahr bzw. ein Gefahrenverdacht im Hinblick auf verfassungsrechtlich geschützte Güter vorliegt (BVerwG Beschl. v. 8.11.2004 – 7 B 19/04)


(P) Bloße Konfrontation mit Religion als Eingriff?

Beispiel: Kruzifixe in Klassenräumen




III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung


1. Einschränkbarkeit des Grundrechts (Schranke)
  • Problem: Art. 4 GG enthält keinen Gesetzesvorbehalt

  • h.M.: Art. 4 GG als vorbehaltloses Grundrecht, es unterliegt also nur verfassungsimmanenten Schranken (-> Link)

    • Argument: Systematik: Warum sollte der Gesetzesvorbehalt an ganz anderer Stelle stehen?

  • a.A.: Rückgriff auf Vorschriften der Weimarer Reichsverfassung durch Art. 140 GG. Demnach einfacher Gesetzesvorbehalt des Art. 136 I WRV einschlägig

    • Gegenargument: Unsystematisch, Bestimmungen der WRV werden durch Art. 4 GG überlagert


2. Grenzen der Einschränkbarkeit (Schranken-Schranken)

a) Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes (-> Schema verlinken)

b) Verhältnismäßigkeit des Gesetzes

 
 
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